Nach einem einjährigen Atelierstipendium aus New York zurückgekehrt, interessiert sich die Audiokünstlerin Karen Geyer für einen neuen Blickwinkel auf das Gewohnte. In New York führte sie zahlreiche Oral History Interviews mit einer Gruppe deutschsprachiger Immigrant_innen jüdischer Herkunft, die im letzten Jahrhundert nach Amerika ausgewandert oder geflohen sind. Dabei traf sich Karen Geyer wiederholt mit einer Gruppe von Menschen, die unmittelbar vor, während oder direkt nach dem Zweiten Weltkrieg Europa verlasssen hatten und sich seit sechzig Jahren wöchentlich zum "Stammtisch" im Wohnzimmer von Gabi Glückselig treffen.
Unter dem Titel Versuch einer Übersicht über das letzte Jahrhundert des zweiten Jahrtausends trägt Karen Geyer seit mehreren Jahren Gespräche mit betagten Zeitzeug_innen zu einem Oral History Archiv zusammen. Das Archiv dient ihr als Ausgangslage für Klanginstallationen und Audioperformances, in denen sie Sprachfragmente mit aus Alltagsgegenständen konstruierten Klanginstrumenten verbindet.
Die Aussenperspektive geht nun zusätzlich von neuen, im April und Mai dieses Jahres in New York entstandenen Gesprächen aus. Dabei konzentriert sich Karen Geyer auf die Erzählungen von Menschen, die im Zweiten Weltkrieg aus der Schweiz ausgewandert, und Flüchtlingen, die durch die Schweiz in die USA geflohen sind. In den Aufnahmen spiegeln sich die unterschiedliche Geschichte und Rolle der Schweiz - und somit auch die individuellen Auswanderungsmotive - im Vergleich zu ihren Nachbarländern wieder. Aus einer Sammlung von Gegenständen, zur Verfügung gestellt von Interviewpartner_innen, entstehen dazu Klanginstrumente. In einer möglichst mehrschichtigen Anlage möchte die Ausstellung Aussenperspektive sowohl als eine persönliche Sicht auf die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, wie auch als die Sicht von Menschen im hohen Alter auf ihr Leben verstehen.
Im Zusammenhang mit den Themen von Aussenperspektive finden während der Ausstellung Gespräche und Essen bei Les Complices* statt. Zur Ausstellung entstand ebenfalls eine Radiosendung, die im Rahmen von Karen Geyers Grauton-Sendungen im Archiv von Radio LoRa 97,5 MHz auf www.lora.ch unter Grauton/23. Mai 2010 zu hören ist.
Die Ausstellung wurde zusätzlich unterstützt von der Fachstelle Kultur des Kantons Zürich, der Vontobel-Stiftung und der Erna und Curt Burgauer Stiftung.
